Gesetzlicher Mindestlohn - Kritik am Wahlkampfplakat der SPD13.08.2013

Anschreiben an die Vorsitzende des SPD-Landesverbandes NRW Frau Hannelore Kraft


Sehr geehrte Frau Kraft,

als Landesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks für das Land Nordrhein-Westfalen vertreten wir mit ca. 620 Mitgliedsbetrieben und mehr als 200.000 Beschäftigten in NRW die Interessen der Branche. Bestandteil unseres Selbstverständnisses ist auch der intensive Austausch mit den politischen Interessenvertretern über die Arbeitsbedingungen unserer Branche.


Das von Ihrer Partei für die Bundestagswahl 2013 vorgestellte Wahlkampfplakat zeigt einen Herrn und eine Dame, die aufgrund ihrer Bekleidung und des gewählten Hintergrunds (Reinigungswagen und Reinigungsmittel) eindeutig der Gebäudereiniger-Branche zuzuordnen sind. Neben diese Abbildung haben Sie den Slogan: „WIR für den gesetzlichen Mindestlohn“ positioniert. Das Plakat suggeriert dem unbedarften Betrachter, dass Reinigungskräfte zu niedrig entlohnt würden und insbesondere keinen Mindestlohnanspruch hätten. Warum gerade die Gebäudereiniger als Motiv des Plakats gewählt wurden, ist für uns nicht verständlich.


Dabei sind wir mit Ihnen einer Meinung: Ein gesetzlicher Mindestlohn ist gerade in Branchen, in denen die Gefahr besteht, dass aufgrund des hohen wirtschaftlichen Drucks nicht nur die Gewinne, sondern auch die Löhne auf ein existenzgefährdendes Niveau sinken, erforderlich.


Deshalb haben wir seit Jahren einen allgemeinverbindlichen Mindestlohn und haben uns zudem freiwillig dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz unterworfen. Aktuell gibt es einen neuen Tarifabschluss, der eine Anhebung von derzeit 9,00 € auf 9,31 € ab dem 1. Januar 2014 und ab dem 1. Januar 2015 sogar auf 9,55 € vorsieht. Die Allgemeinverbindlichkeit dazu ist bereits beantragt. Bereits im letzten Jahr - also zum Zeitpunkt der Vorbereitung Ihrer Wahlkampfphase - lag der allgemeinverbindliche Mindestlohn unserer Branche mit 8,82 € deutlich über dem von Ihnen geforderten Mindestlohn von 8,50 €. Die Einhaltung dieser Mindestbedingungen unterliegt sehr strengen, flächendeckenden Kontrollen durch den Zoll.


Trotz des überaus harten Wettbewerbs in der Branche werden die jahrelangen Bemühungen um faire Entlohnung nicht ausreichend gewürdigt, wenn die Branche in der Öffentlichkeit so dargestellt wird. Gerade Branchen wie unsere, die sich besonders für faire Arbeitsbedingungen eingesetzt haben, sollten in der Öffentlichkeit als positives Beispiel benannt werden. Die Gebäudereiniger-Branche zeigt exemplarisch, dass ein gesetzlicher Mindestlohn eben nicht zum Abbau von Arbeitsplätzen führt.


Bei den geringfügig Beschäftigten der Branche wird die Gewährung der Mindestlöhne gleichermaßen kontrolliert, wie bei den anderen Arbeitsverhältnissen. Abgesehen davon setzen sich der Verband auf Landesebene und der Bundesinnungsverband auf Bundesebene seit Jahren für die Abschaffung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse ein. Für diesen eindeutigen Beschluss gab es aber leider bislang nie eine politische Mehrheit. Die Zahlen der geringfügig Beschäftigten sind aber in unserer Branche trotzdem rückläufig.


Die in der Gebäudereiniger-Branche beschäftigten Arbeitnehmer/-innen sind stolz auf ihre Arbeit, die fair bezahlt wird und bei der gute Weiterentwicklungsmöglichkeiten bestehen. Werden sie aber mit solchen Plakatmotiven im Zusammenhang mit der Mindestlohnforderung konfrontiert, wird ihre Arbeit in der Öffentlichkeit abgewertet.


Wir bitten Sie deshalb, das Plakatmotiv nicht weiter für Ihren Wahlkampf zu verwenden.


Unsere Branche ist Vorreiter für eine moderne und soziale Dienstleistung und hat es verdient, als solche in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden.

Mit freundlichen Grüßen

Landesinnungsverband des
Gebäudereiniger-Handwerks für
das Land Nordrhein-Westfalen


RA Bernhard Nordhausen
Geschäftsführer